Ballistischer Schutz: Schutzelemente und Standards
In Zeiten zunehmender globaler Konflikte gewinnt das Thema persönlicher ballistischer Schutz immer mehr an Bedeutung. Dabei hängt die Höhe des erforderlichen Schutzes von der Bedrohungslage ab und den daraus gewählten Schutzpaketen oder Platten.
In diesem Blogbeitrag erklären wir Ihnen was die ballistischen Schutzelemente ausmacht, wie man diese unterscheiden kann und welche Schutzstandards sie erfüllen müssen. Außerdem gehen wir auf die Materialien ein, die bei der Herstellung von Relevanz sind.
Softballistik vs. Hartballistik
Ballistische Schutzelemente sind ein fester Bestandteil der persönlichen Schutzausstattung jeder Polizei- und Militäreinheit. Sie dienen der Abwehr von Bedrohungen unterschiedlicher Art und finden in der Regel Anwendung in beschusshemmenden Westen oder Plattenträgern.
Generell sollen die Schutzelemente den Anwender vor lebensbedrohlichen Verletzungen schützen, welche durch Geschosse oder Stichwaffen entstehen können. Eintreffende Geschossenergien werden so weit verringert, dass das Projektil nicht in den Körper eindringen kann.
Die ballistischen Schutzelemente lassen sich in softballistische Pakete, auch Softballistik genannt, und hartballistische Platten, auch Hartballistik genannt, unterscheiden.
Die Softballistik soll vor Projektilen schützen, welche aus (Maschinen-)Pistolen geschossen werden und dabei das Trauma reduzieren. In der Kombination mit einem Stich- und Schlagschutz bietet sie einen zusätzlichen Schutz gegen Stichwaffen, wie Messer, Nadeln oder Splitter, aber auch gegen Schläge und Stöße.
Die Bandbreite der Softballistik ist vielfältig und reicht u. a. von Hals-Schulter-Schutz, Beinschutz, Armschutz, Bauchschutz, Handschutz, Unterarmschutz, Seiten- und Flankenschutz, Kinnschutz, Vorder- und Rückenteilschutz, Kehlkopfschutz, Oberschenkelschutz bis hin zu Knieschutz und Unterleibschutz (siehe Abbildung).
Die Hartballistik soll dagegen vor Projektilen schützen, welche aus Langwaffen geschossen werden. Durch den längeren Lauf können sie eine höhere Geschwindigkeit und Masse besitzen. Auch der Kern des Geschosses kann aus weichen oder harten Materialien bestehen, was diese umso gefährlicher macht.
Der Einsatz von Hartballistiken in Verbindung mit Softballistiken ist nicht selten, denn eine „Platte“ wird in der Regel nur in den Bereichen angebracht, in dem sich die Hauptvitalpunkte befinden.
Hartballistische Platten finden häufig Anwendung in der Praxis in Form von u. a. Bauchschutz, Unterleibschutz, Beinschutz, Kehlkopfschutz, Seiten- und Flankenschutz, Oberschenkelschutz, Vorder- und Rückenteilschutz, Armschutz sowie in Produktion von Helmen (siehe Abbildung).
Die Soft- und Hartballistik wird in der Regel in Schutzhüllen für Plattenträger, Schutzwesten oder Zubehörteilen getragen.
"Stand Alone" vs. "In Conjunction With"
Ballistische Schutzelemente werden in der Regel als Stand Alone (SA) oder In Conjunction With (ICW) angeboten.
Von einer SA-Lösung spricht man, wenn nur eine Komponente zum Einsatz kommt, was die Handhabung in der Praxis erleichtern sollte. Unter einer ICW-Lösung versteht man dagegen eine Soft- oder Hartballistik, die „in Verbindung“ mit einer weiteren Komponente genutzt wird.
Das kann sowohl die softballistische Einlage, ein Trauma reduzierendes Element, als auch eine hartballistische Platte sein.
Wichtig ist, dass beide Elemente zusammengetragen werden, um den vollen Schutz zu gewährleisten.
Schutzstandards
Bei der Auswahl einer passenden Hart- oder Softballistik sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. An erster Stelle richtet sie sich nach der erforderlichen Schutzklasse, aber auch nach Gewicht, Tragekomfort oder Preis.
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass günstigere Komponente ein höheres Gewicht bewirken, währenddessen bei leichteren Komponenten mit einem höheren Preis zu rechnen ist.
Für die höheren Schutzklassen kommt meistens die Hartballistik zum Einsatz. Für niedrige Schutzklassen wird dagegen die Softballistik genutzt, die nach Bedarf mit Schlag- und Stichschutz erweitert werden kann. Nachfolgend sind die gängigsten Richtlinien aufgezeigt.
Softballistik
- NIJ (Amerika)—NIJ I, NIJ II, NIJ IIA, NIJ IIIA
- VPAM (Europa)—VPAM 1, VPAM 2, VPAM 3, VPAM 4, VPAM 5
- CAST (England)—HO1, HO2, KR1
- TR (Deutschland)—SK1, SK2
Hartballistik
Materialen
Softballistik
Die Softballistik niedriger Schutzklassen besteht aus mehreren Lagen von Textilfasern, wie z.B. Para-Aramid und Hochleistungspolyethylen (HPPE). Die beiden Textilien weisen einen wirksamen Schutz gegen Kurzwaffen (Pistolen, Maschinenpistolen) auf.
Sonnenlicht, Temperatur, Feuchtigkeit oder andere Umweltfaktoren können sich negativ auf einige synthetischen Materialien auswirken. Dies hat zur Folge, dass die Fasern die Geschossenergie schlecht absorbieren können. Aus diesem Grund werden die Pakete mit entsprechender Reserve dimensioniert und in dafür vorgesehenen Kunststofffolien oder anderen Textilien eingeschweißt.
Um zu verhindern, dass die Materialien sich in den Textilhüllen verschieben, werden diese an wenigen Stellen fixiert, was den Tragekomfort für den Anwender verbessert.
Hartballistik
Bei den mittleren Schutzklassen reicht in der Regel schon eine reine Polyethylen-Platte, um die Anforderungen zu erfüllen.
Bei hohen Schutzklassen ist der Einsatz von Keramiken, wie Aluminiumoxyd, Siliciumcarbid und Borcarbid, zwingend erforderlich.
Die Keramiken allein halten dem Beschuss noch nicht stand, es sei denn sie werden entsprechend dick ausgeführt, was allerdings auch zu sehr hohen Gewichten führt und für den Anwender wenig praktikabel ist. Aus diesem Grund werden in der Regel dünnere Keramiken verwendet, entsprechend verstärkt und zusätzlich mit einem „Backing“ versehen, um die restliche Geschossenergie aufzunehmen sowie das Trauma zu reduzieren.
Wie die Keramiken verstärkt werden, bleibt für viele Hersteller ein Betriebsgeheimnis. Die Backings selbst bestehen aus Polyethylen-Gelegen oder Aramid-Gewebe, welche unter Temperatur und Druck zusammengepresst und anschließend mit der verstärkten Keramik verbunden werden.
Die Materialien werden weltweit von verschiedenen Herstellern beschafft und müssen dabei innerhalb enger Toleranzen liegen. Dieser Aspekt ist wichtig, um eine gleichbleibende Qualität sicherzustellen und Sicherheits-Produkte guten Gewissens verkaufen zu können.
Für die Produktion der Ballistiken, welche bei Mehler Protection ausschließlich in Deutschland erfolgt, sind entsprechende Vorgaben und Qualitätskontrollen definiert. Diese werden kontinuierlich überprüft und dokumentiert.
Spezifikationen
Die Anforderungen an die ballistischen Elemente werden durch den Kunden in seiner Spezifikation definiert. Darunter fallen beispielsweise die Fragen, welche Norm bzw. Richtlinie (u.a. NIJ, VPAM, CAST) sowie Schutzklasse die Ballistik erfüllen muss und welche Abmessungen und Größen sowie welches maximale Gewicht eingehalten werden soll.
Häufig werden auch die abweichende Geschoss-Typen, die nicht den gängigen Standards entsprechen, abgefragt. Diese bedürfen einer bestimmten Prüfung, die im hauseigenen Testlabor durchgeführt werden.
Plattenschnitte
Ballistische Platten unterscheiden sich nicht nur anhand verwendeter Materialien, sondern auch durch unterschiedliche Größen und Formen (Schnitte). Die verschiedenen Schnitte der Platte haben großen Einfluss auf die Schutzfläche, Gewicht und Beweglichkeit.
Die gängigsten Schnitte, die derzeit auf dem Markt angeboten werden, sind: SAPI, Shooter´s Cut, Swimmer´s Cut und Full Cut wobei man alle Platten je nach Form und Gewicht mit den Herstellern individuell gestalten kann.
Shooter’s Cut
Der Shooter´s Cut gehört zu den gängigsten Schnittarten unter den ballistischen Platten. Deren rechteckige Form gepaart mit den abgeschnittenen bzw. abgewinkelten Ecken sorgt für mehr Beweglichkeit bei den Nutzern. Insbesondere die Beweglichkeit der Arme wird dadurch verbessert.
Swimmer’s Cut
Bei dem Swimmer´s Cut wird der obere Teil der Platte entfernt, was sich positiv auf die Bewegungsfreiheit im Schulter- und Rückenbereich auswirkt, aber gleichzeitig zur Minderung der Schutzleistung – verglichen mit dem Shooter´s Cut – führt.
SAPI
SAPI steht für Small Arms Protective Inserts und stellt ein Rechteck mit zwei schrägen Schnitten an den oberen beiden Ecken dar. Verglichen mit der Swimmer´s Cut bietet dieser Schnitt mehr Schutzfläche und somit mehr Schutz für den Anwender.
Full Cut
Unter dem Full Cut versteht man einen quadratischen oder rechteckigen Schnitt, der im Vergleich zu anderen Schnitten weniger Bewegungsfreiheit bietet. Full Cut findet meistens in Rücken- oder Seitenplatten ihre Anwendung.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die ballistischen Schutzelemente je nach Bedrohungsart, Gewicht, Form, Größe, Material und Schutzklasse unterscheiden können.
Man differenziert grundsätzlich zwischen der Softballistik (Schutz gegen Kurzwaffen sowie Stich- und Schlagschutz) und Hartballistik (Schutz gegen Langwaffen), die entweder als „Stand Alone“ oder „In-Conjunction-With“-Lösung getragen werden kann.
Die gängigsten Schnitte, die derzeit auf dem Markt angeboten werden, sind: SAPI, Shooter´s Cut, Swimmer´s Cut und Full Cut wobei man alle Platten je nach Form und Gewicht mit den Herstellern individuell gestalten kann.
Die Materialien, die für die Herstellung von Soft- und Hartballistik genutzt werden, richten sich je nach Schutzklasse. Für die niedrigeren Schutzklassen (Softballistik) kommen Textilfasern zum Einsatz, währenddessen für die mittleren und höheren Schutzklassen (Hartballistik) Polyethylen sowie Keramiken, z. B. Aluminiumoxyd, Siliciumcarbid und Borcarbid, verwendet werden.
Für die höheren Schutzklassen kommt in der Regel Hartballistik zum Einsatz. Für niedrige Schutzklassen wird dagegen Softballistik genutzt, die nach Bedarf mit Schlag- und Stichschutz erweitert werden kann.