
DIN 2303 – Anforderungen an das Schweißen von Panzerstahl
Die Qualität von Schweißprozessen ist essentiell, insbesondere in sicherheitskritischen Bereichen wie der Wehrtechnik.
Da die Qualität einer Schweißnaht nicht nachträglich verbessert werden kann, sondern bereits während des Fertigungsprozesses gewährleistet sein muss, sind strenge Standards erforderlich. Die Qualität eines geschweißten Produktes kann prozessbegleitend nicht hinreichend zerstörungsfrei bestimmt werden.
Die DIN 2303 definiert die Anforderungen an Herstell- und Instandsetzungsbetriebe, die schweißtechnische Arbeiten an wehrtechnischen Produkten ausführen.
In diesem Blogbeitrag erläutern wir die zentralen Anforderungen der DIN 2303 und deren Bedeutung für das Schweißen von Panzerstahl.
Einteilung der Herstellerqualifikation nach DIN 2303
Die DIN 2303 unterteilt Betriebe in vier Herstellerqualifikationsklassen, je nach Werkstoff und sicherheitstechnischen Anforderungen. Die Klassifizierung erfolgt in vier Stufen, die sich nach der Art des Produktes, den verwendeten Werkstoffen und spezifischen Zusatzanforderungen richten. Je nach Einstufung sind entsprechende Qualitätsanforderungen zu erfüllen.
Die Klasse Q1 umfasst allgemeine Anforderungen und gilt für Betriebe, die mit allgemein genormten Werkstoffen arbeiten, ohne dass erhöhte Anforderungen an die Verarbeitung des Werkstoffes gestellt werden. Dazu zählen z. B. unlegierte Baustähle, einfache austenitisch-nicht rostende Stähle sowie nicht aus-härtbare Aluminiumlegierungen.
Die Klasse Q2 umfasst besondere Anforderungen und gilt für Betriebe, die mit speziellen Werkstoffen arbeiten. Dazu gehören z. B. flüssigkeitsvergütete Stähle oder wärmebehandelbares Aluminium. Aufgrund der erhöhten Anforderungen dieser Materialien müssen ggf. zusätzliche Verarbeitungsvorschriften, wie die Bauvorschrift (BV) 1050 für den Marineschiffbau, eingehalten werden.
Die Klasse Q3 betrifft Betriebe, die Panzerungsmaterialien verarbeiten, welche den Vorgaben der Technischen Lieferbedingungen bei Bundeswehr entsprechen müssen.
Dieses ist für die Verarbeitung von Panzerstahl die TL 2350-0003 sowie bei Panzeraluminium die TL 2350-0008.
Hinweis: Diese TL behandeln nicht nur das eigentliche Schweißen, sondern auch weitere Herstellverfahren (spezielle Prozesse), wie z. B. das Kaltumformen oder das thermische Brennschneiden.
Die Klasse Q4 ist für Betriebe vorgesehen, die Bauteile aus speziellen Werkstoffen für die Luftfahrt herstellen. Da diese Komponenten höchsten Sicherheits- und Qualitätsanforderungen genügen müssen, sind zusätzlich die Vorgaben aus spezifischen Luftfahrtnormen einzuhalten.
Das Q3-Schweißen stellt somit die höchste Anforderung an die Verarbeitung von Panzerungsmaterialien dar und ist essentiell für gepanzerte Fahrzeuge, militärische Schutzstrukturen und kritische Infrastrukturprojekte.
Bauteilklassifizierung und Güteanforderungen
Die Qualitätssicherung spielt bei wehrtechnischen Produkten eine zentrale Rolle. Ein entscheidender Faktor sind dabei die Güteanforderungen, die sich nach der jeweiligen Bauteilklasse richten. Die DIN 2303 unterteilt wehrtechnische Bauteile in vier Klassen, abhängig von ihrer Funktion und der Art der Beanspruchung.
Je nach Bauteilklasse variieren die Anforderungen an Belastbarkeit, Sicherheit und Einsatzfähigkeit.
Vereinfachte Beschreibung der Bauteilklassen:
- Bauteilklasse 1: Diese Klasse umfasst wehrtechnische Produkte mit hoher Beanspruchung und hoher Sicherheitsbedeutung etc. Sie erfordert die strengsten Qualitätskontrollen und höchste Materialanforderungen.
- Bauteilklasse 2: Produkte dieser Klasse unterliegen einer normalen Beanspruchung und haben eine mittlere Sicherheitsbedeutung etc. Die Anforderungen sind moderat, aber dennoch sicherheitsrelevant.
- Bauteilklasse 3: Hierbei handelt es sich um Bauteile mit geringer Beanspruchung und niedriger Sicherheitsbedeutung etc. Die Qualitätsanforderungen sind entsprechend reduziert.
- Bauteilklasse 4: Diese Klasse wird im Einzelfall festgelegt, abhängig von spezifischen Produktanforderungen und Einsatzbereichen.
Bauteilklasse | Beschreibung |
BK1 | Diese Klasse gilt für die Fertigung von wehrtechnischen Produkten bzw. deren Einzelkomponenten mit hoher statischer oder dynamischer Beanspruchung sowie hoher Sicherheitsbedeutung und/oder hoher Einsatzfähigkeit. |
BK2 | Diese Klasse gilt für die Fertigung von wehrtechnischen Produkten bzw. deren Einzelkomponenten mit normaler statischer oder dynamischer Beanspruchung sowie mittlerer Sicherheitsbedeutung und/oder mittlerer Einsatzfähigkeit. |
BK3 | Diese Klasse gilt für die Fertigung von wehrtechnischen Produkten bzw. deren Einzelkomponenten mit geringer statischer oder dynamischer Beanspruchung sowie geringer Sicherheitsbedeutung und/oder geringer Einsatzfähigkeit. |
BK4 | Diese Klasse gilt für die Fertigung von wehrtechnischen Produkten bzw. deren Einzelkomponenten mit geringer statischer oder dynamischer Beanspruchung sowie geringer Sicherheitsbedeutung und/oder geringer Einsatzfähigkeit. |
Wichtig ist festzuhalten, dass sich aus den Bauteilklassen die erforderliche Qualität für die Bauteile und Baugruppen ableitet. Das heißt hochbeanspruchte Baugruppen erfordern eine hohe Bauteilqualität!
Zusätzlich leiten sich aus den Bauteilklassen auch die Anforderungen an ein qualifiziertes Aufsichtspersonal für das Schweißen ab. So wird beispielsweise für die hohe Bauteilklasse 1 ein Schweißfachingenieur (SFI) nach DVS-IIW/EWF 1173 für die Schweißaufsicht gefordert, um eine fachgerechte Verarbeitung und Qualitätssicherung sicherzustellen.
Wehrtechnische Produkte mit Panzerungsfunktion
Die Herstellerqualifikation der Klasse Q3 nach DIN 2303 ist speziell für Betriebe vorgesehen, die Bauteile mit Panzerungsfunktion fertigen. Diese Produkte müssen höchsten Sicherheitsanforderungen genügen, da sie im militärischen Bereich besonderen Bedrohungen ausgesetzt sind. Dies können ballistische Bedrohungen oder auch Explosivstoffe etc. sein.
Eine Qualifizierung für diese Klasse erfordert die Einhaltung spezifischer Vorschriften, insbesondere der Technischen Lieferbedingungen (TL 2350-0003 und TL 2350-0008). Die TL 2350-0003 definiert die Vorgaben für die Konstruktion, Herstellung und Erprobung (Zulassung) von Gehäusen mit Panzerungsfunktion. Diese Vorschrift legt detaillierte technische Anforderungen fest, um sicherzustellen, dass die gefertigten Bauteile im Einsatz den geforderten Schutz bieten.
Eine spezielle Verfahrensprüfung (Nachweis des Schweißprozesses) für die Zulassung von Betrieben ist unter anderem die Herstellung von drei Anspreng-Grundkörpern. Diese sind nach den Anforderungen der TL 2350-0003 durch den Fertigungsbetrieb anzufertigen. Die Prüfkörper werden anschließend durch die Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91) erprobt, um die Schweißnahtqualität zu verifizieren. Erst nach erfolgreicher Prüfung kann der Betrieb die Zulassung zur Herstellung von Panzerungsbauteilen erlangen.
Erprobter Anspreng-Grundkörper bei Vorversuchen
Grundsätzlich werden Bauteile mit Panzerungsfunktion der höchsten Bauteilklasse 1 zugeordnet. Das bedeutet, dass sie einer hohen Beanspruchung unterliegen und von höchster sicherheitsrelevanter Bedeutung sind. Entsprechend streng sind die Qualitätsanforderungen sowie die erforderlichen Prüf- und Zulassungsverfahren für Hersteller in dieser Klasse.
Anerkannte Stellen
Die „Anerkannten Stellen“ spielen eine zentrale Rolle im Zulassungsprozess von Herstellern nach DIN 2303. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass Betriebe die erforderlichen Qualitäts- und Prozessanforderungen erfüllen, bevor sie eine Herstellerzulassung erhalten.
Die Anerkannten Stellen übernehmen dabei u.a. folgende Aufgaben:
- Prüfung der Antragsstellung: Zunächst wird der Antrag des Unternehmens geprüft, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Unterlagen vollständig und korrekt eingereicht wurden.
- Betriebsprüfung und -begehung: Anschließend erfolgt eine Vor-Ort-Prüfung, bei der die Betriebsstätten, Produktionsprozesse und Qualitätssicherungsmaßnahmen kontrolliert werden.
- Fachgespräch mit der Schweißaufsicht: Eine weitere wichtige Voraussetzung ist ein Fachgespräch mit den verantwortlichen Schweißaufsichtspersonen des Betriebs, um deren Fachkenntnisse und Kompetenz zu bewerten.
- Erteilung der Herstellerzulassung: Nach erfolgreicher Prüfung aller Kriterien stellt die Anerkannte Stelle die Herstellerzulassung nach DIN 2303 aus.
- Weiterleitung der Ergebnisse an die zivile Leitstelle
Zusammenfassung
Das Schweißen nach DIN 2303 ist eine Forderung der Bundeswehr und in Qualitätsanforderungen und Bauteilklassen unterteilt.
Die Qualitätsanforderungen werden in vier Herstellerqualifikationen (Q1 bis Q4) nach Art des wehrtechnischen Produktes und der zu verarbeitenden Werkstoffe unterschieden. Aus den Bauteilklassen wird die erforderliche Qualität für die Bauteile und Baugruppen abgeleitet.
Für die schweißtechnische Verarbeitung von Panzerstahl wird nach DIN 2303 die Herstellerqualifikation Q3 gefordert. Ergänzend gilt die TL 2350-0003 für die Zulassung von Betrieben.
Mehler Protection hat im Oktober 2021 die Erstzulassung der Herstellerqualifikation Q1 nach DIN 2303 erlangt. Im Oktober 2023 wurde die Zulassung um die Klasse Q2 erweitert. Die Zulassung für die Verarbeitung von Pz-Stahl Blech (Q3) wurde im Dezember 2024 erlangt. Es ist eine Erweiterung auf weitere Verfahren und Werkstoffe (z.B. Pz-Aluminium oder Additive Fertigungsverfahren) geplant.
Quellen
- DIN 2303 – Schweißen und verwandte Prozess – Qualitätsanforderungen an Herstell- und Instandsetzungsbetriebe für wehrtechnische Produkte – Stand Februar 2007
- TL 2350-0003 – Gepanzerte Gehäuse – Konstruktion, Herstellung und Erprobung – Stand 27.03.2014
Bilder und Grafiken: Mehler Protection, Mehler Engineered Defence GmbH (All rights reserved, 2025)